Mit dem ÖV in die Bündner Pärke

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Eine Befragung des Bundesamtes für Umwelt zeigte einmal mehr, dass immer noch zu viele Leute mit dem Auto in die Berge fahren. Ein Paradox: Sie belasten damit jene Landschaften, die sie wegen ihres Erholungswerts aufsuchen. 84 Prozent der Ferienreisen in den Berggebieten werden mit dem Privatfahrzeug durchgeführt – in den meisten Fällen mit dem Auto. Damit die Anreise der Feriengäste vermehrt mit dem öffentlichen Verkehr (ÖV) stattfindet, sind Initiativen gefragt.

Unter dem Namen «Fahrtziel Natur» haben sich in Graubünden jüngst das Netzwerk Schweizer Pärke, der VCS Verkehrs-Club der Schweiz, der Bündner Vogelschutz, die Rhätische Bahn und Postauto Graubünden zusammengetan. Die Idee stammt aus Deutschland: «Fahrtziel Natur», eine Kooperation dreier Umweltverbände mit der Deutschen Bahn, setzt sich seit 15 Jahren dafür ein, dass sensible Naturlandschaften umweltschonend mit dem ÖV entdeckt werden. In der Schweiz sind die Bündner Pärke die ersten «Fahrtziel Natur»-Gebiete. «Anders als in Deutschland, ist der ÖV vor Ort hierzulande dank Bus alpin oft schon etabliert», erklärt Dieter Müller, Geschäftsführer des Parc Ela. «Uns ging es vor allem darum, die grossen Verkehrsunternehmen einzubinden und eine potenzielle Kundschaft anzusprechen, damit diese erst gar nicht mit dem Auto anreist.» Dank dem Engagement der Partnerorganisationen und des kantonalen Amtes für Energie und Verkehr kam ein Railaway-Angebot mit 20 Prozent Rabatt und eine Einstiegsseite zustande: www.fahrtziel-natur.ch

«Die Gäste, die im Naturpark das echte Naturerlebnis suchen, erwarten zu Recht, dass sie sich in den Pärken optimal mit öffentlichen Verkehrsmitteln fortbewegen. Es braucht gute Anschlüsse vor Ort», ist Dieter Müller überzeugt. Damit mehr Gäste per Bahn und Postauto anreisen muss dessen Angebot und Qualität besser oder zumindest gleichwertig wie die Fahrt mit dem eigenen Auto sein. Dazu gibt es noch viel zu tun. Doch in den nicht einmal zehn Jahren, in denen die Schweizer Pärke Wirklichkeit geworden sind, ist bereits ein neuer, frischer Wind aufgekommen. Mit «Fahrtziel Natur» wird in Graubünden Pionierarbeit geleistet, die hoffentlich in naher Zukunft Eingang in alle Schweizer Pärke findet.

In der Schweiz gibt also Graubünden den Takt vor und mobilisiert für einen naturnahen Tourismus. Die Pärke in Graubünden machen im aktuellen Pilotprojekt mit: der Schweizerische Nationalpark, der Parc Adula, der Parc Ela, der Naturpark Beverin, die Biosfera Val Müstair und das UNESCO-Weltnaturerbe Tektonikarena Sardona. Diesen Sommer stimmen 17 Gemeinden in den Kantonen Graubünden und Tessin darüber ab, ob die Schweiz mit dem Parc Adula einen zweiten Nationalpark bekommt. Sie würden in Zeiten von Zersiedelung und Betonierung den grössten Nationalpark der Schweiz bewilligen: 1250 km2 Gesamtfläche, davon 12 Prozent Kernzone, wo sich die Natur frei entwickeln kann. In der Umgebungszone von 88 Prozent(!) soll eine naturnahe Bewirtschaftung der Kulturlandschaft aufrechterhalten werden. Am Beispiel des Parc Adula sieht man gut die verschiedenen Ansprüche, denen ein Park ausgesetzt ist. Von unten entwickelt statt von oben diktiert, nahm der «Parc Adula» in den letzten 15 Jahren Gestalt an. Im Gegensatz zum bestehenden Nationalpark im Unterengadin wird im zweiten Nationalpark der Schweiz eine wirtschaftliche Nutzung ebenso angestrebt wie eine Aufwertung der Natur- und Kulturlandschaft. Der Parc Adula erstreckt sich über die Kantone Tessin und Graubünden, das Bleniotal, Teile der Surselva und des Hinterrheins sowie das Misox und das Calancatal. In der Kernzone liegt auch die Greina-Ebene, die einst hätte geflutet werden sollen. Hoffentlich sehen die Bewohnerinnen und Bewohner der betroffenen Gemeinden die Chance, die ein solcher Park für ihre wirtschaftliche Entwicklung im eigenen Lebensraum bringt!

⇒ Dieser Klartext von Stefan Grass erschien als Wirtschaftsforum im Bündner Tagblatt am 22. Juli 2016

⇒ Weitere Informationen zu Fahrtziel Natur: www.fahrtziel-­natur.ch

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