Stadtrat Churs wegen Initativen in Kritik

Stadtklima-Initiative: Kein Fairplay des Stadtrats - 28. August 2023



12 Organisationen reichten im November 2022 die Churer Stadtklima-Initiative mit über 1500 Unterschriften ein. Gemäss Verfassung muss der Gemeinderat die Initiative bis an der übernächsten Gemeinderatssitzung behandelt haben. Nur: Anstatt einen Umsetzungsvorschlag zu präsentieren, möchte der Stadtrat nun prüfen, ob das zugrundeliegende Gesetz für einen menschen- und umweltfreundlichen Stadtverkehr aufgehoben werden kann. Am 28. August 2023 legten die Initianten der Initiative gemeinsam dar, weshalb sie mit dem Vorgehen des Gemeinderatspräsidenten und des Stadtrats überhaupt nicht einverstanden sind.

Auszug aus der Medienmitteilung:


Peter Hartmann: Was hat sich seit 1989 getan?


Sie kennen die neue tolle «Italienische Brücke» für Fussgänger und Velofahrende zwischen dem Ober-
tor und dem Welschdörfli, oder? In den 60/70er Jahren gab es ernsthafte Vorstellungen, diesen sog.
«Welschdörflidurchstich» als normengerechte Kantonsstrasse für das Auto zu bauen. Und daneben gab
es noch die irre Idee, die Fussgänger am Postplatz in eine Unterführung zu zwingen, um oberirdisch
mehr Platz für das Auto zu schaffen. Solcher Schwachsinn ist heute glücklicherweise nur noch schwer
vorstellbar.


Unter anderem gegen diesen Strassenbauwahnsinn hat sich Mitte der 70er eine Gruppe von Leuten
verschiedener Berufsrichtungen zu einem Verein zusammengeschlossen, um einen Beitrag zum Erhalt
und zur Verbesserung des Wohnwerts der Stadt Chur zu leisten. Der Verein nannte sich « Aktion wohn-
liches Chur». In einer Broschüre «CHUR unsere Stadt» hat der Verein konkrete Vorschläge für entspre-
chende Verbesserungen der Lebensqualität in der Stadt formuliert und dargestellt, und die Broschüre
erfolgreich für 5 Stutz pro Stück in der Stadt «vertschuttet». Unter den Vorschlägen befand sich übri-
gens, und darauf sind wir Initianten immer noch ziemlich stolz, auch die heutige «Italienische Brücke».
Zusammen mit anderen Interessierten und Engagierten wurde daraufhin in Gesetzesform die Volksini-
tiative für einen menschen- und umweltfreundlichen Stadtverkehr, genannt «Stadtverkehrsinitiative»,
gestartet, die 1989 von den Stimmberechtigten der Stadt deutlich angenommen wurde und seither, und
dies bis heute, verpflichtendes Gesetz ist – somit auch für die Stadtbehörden. Wichtigste Forderungen
des immer noch gültigen Stadtverkehrsgesetzes sind:


1. Ein ausreichendes Angebots an städtischem öffentlichem Busverkehr
2. Ein engmaschiges Netz an sicheren und direkten Velo- und Fusswegen
3. Flächendeckende Verkehrsberuhigung in den Wohnquartieren und Innenstadt
4. Die Plafonierung und längerfristige Reduktion des Autoverkehrs in der Stadt.
 

Was ist daraus geworden? Was ist der heutige Stand bezüglich obigen Forderungen des Stadtverkehrs-
gesetzes oder welche Verkehrsprobleme sind immer noch akut?


Damit zeigt sich einmal mehr: Anstatt aktiv zu gestalten und Chur zu einem attraktiven Lebensraum zu
machen, steht der Stadtrat auf der Bremse. Das ist insbesondere schade, weil sich uns gerade die
Chance des Jahrhunderts bietet: Aufgrund des vom Volk genehmigten Ausbaus des Anergienetzes
durch die IBC werden in der Stadt Chur in den nächsten Jahrzehnten fast sämtliche Strasse aufgerissen.
Das bietet die Möglichkeit, fast ohne Mehraufwd den Strassenraum massiv umzugestalten: Mehr
Grün, mehr Velo, weniger Parkplätze. Doch was macht die Stadt Chur heute: Strassen aufreissen, Lei-
tungen verlegen, gleichen Belag wieder einbauen. Es ist ein Trauerspiel.


All diese Beispiele zeigen: Der Verkehr darf nicht einfach Beigemüse sein bei der Revision der Grund-
ordnung. Unsere Verkehrspolitik ist entscheidend für die weitere Entwicklung der Stadt Chur und hat
aus diesem Grund ein eigenes Gesetz verdient. Ein Gesetz nämlich, dass dafür sorgt, dass in den
Planungsinstrumenten der Grundordnung eine fortschrittliche und moderne Verkehrspolitik umgesetzt
wird. Dafür braucht es klare Ziele, wie sie die Stadtklimainitiative im Gesetz verankern möchte. Und
dafür sind weder der generelle Erschliessungsplan noch das Baugesetz ein Ersatz.

 

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